Der Ministerrat hat heute beschlossen, den islamischen Religionsunterricht sunnitischer Prägung, der bislang als Modellprojekt
organisiert war, fortzuführen und hierfür zum 1. August 2019 eine Stiftung des öffentlichen Rechts zu errichten. Diese
wird ab dem Schuljahr 2019/20 den islamischen Religionsunterricht verantworten und organisieren. „Mit einer Stiftung
‚Sunnitischer Schulrat‘ wird der islamische Religionsunterricht sunnitischer Prägung in Baden-Württemberg auf eine
tragfähige und rechtssichere Basis gestellt und bekommt einen soliden organisatorischen Rahmen. Wir beschreiten damit einen neuen Weg,
der in Deutschland bisher einmalig ist“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann. „Der Religionsunterricht
ermöglicht den Schülerinnen und Schülern grundgesetzkonforme, religiöse Bildung entsprechend ihres Bekenntnisses. Er
leistet an der Schule einen Beitrag zu Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt und trägt damit zur religiösen und kulturellen
Verständigung und zum gesellschaftlichen Zusammenhalt bei.“
Kultusministerin Eisenmann betonte: „Für uns ist dieser Weg in mehrfacher Weise ein wichtiges Signal, nämlich dass die
muslimischen Bürgerinnen und Bürger mit ihrem Glauben zu uns gehören und dass auch der Religionsunterricht der muslimischen
Kinder an unsere Schulen und nicht in Hinterhöfe gehört.“ Der islamische Religionsunterricht sei ein großer Erfolg und
erfreue sich großer Akzeptanz bei Schülerinnen und Schülern, den Eltern und den Schulen. „Daher war es uns als
Landesregierung wichtig, dass wir diesem Angebot einen zukunftsfähigen Rahmen geben, der den hohen Anforderungen des Grundgesetzes
Rechnung trägt. Der islamische Religionsunterricht muss pädagogischen Standards genügen und die Ausbildung der muslimischen
Religionslehrkräfte an unseren Hochschulen muss wissenschaftlich und pädagogisch fundiert sein und auf dem Fundament der
freiheitlichen demokratischen Grundordnung stehen. Mit der Stiftung als Träger des Religionsunterrichts ist Baden-Württemberg
beispielgebend für ganz Deutschland“, so Eisenmann.
Die beiden islamischen Verbände Landesverband der Islamischen Kulturzentren Baden-Württemberg (LVIKZ) und die Islamische Gemeinschaft der Bosniaken in Deutschland
(IGBD) haben ihre Mitwirkung an der Stiftung zugesagt. Mit ihnen soll ein Vertrag geschlossen werden, der auch die Satzung der Stiftung
beinhaltet. Die Laufzeit ist zunächst bis 2025 begrenzt. „Mit dem Stiftungsmodell bekommen wir eine gute und stabile Balance:
eine staatlich errichtete Stiftung öffentlichen Rechts, die aber die verfassungsrechtlich gebotene religiöse Neutralität
wahrt“, so Kretschmann. „Damit erreichen wir eine Einbindung der sunnitisch-islamischen Verbände, denen jedoch eine eigene
Trägerschaft des Religionsunterrichts noch nicht übergeben werden kann und beziehen strukturell auch das islamische Spektrum ein,
das nicht verbandlich organisiert ist.“
„Mit der Errichtung der Stiftung schaffen wir eine Institution, die für den islamischen Religionsunterricht sunnitischer
Prägung aller Schularten einschließlich der Religionslehrerausbildung zuständig sein wird. Zentral ist, dass die
Zuständigkeiten für die Bekenntnisfragen an Schulen und Hochschulen in einer Hand liegen“, so Ministerin Dr. Eisenmann. Die
Stiftung wird von Beginn an für die Pädagogischen Hochschulen zuständig sein und nach einer Übergangszeit von einem
Jahr ab dem 1. August 2020 auch für das Zentrum für Islamische Theologie an der Universität Tübingen.
Stiftung des öffentlichen Rechts besteht aus Vorstand und Schiedskommission
Die Stiftung wird organisiert mit einem Vorstand und einer Schiedskommission. Zu den Aufgaben des Vorstandes gehören unter anderem
die Aufsicht über die Geschäftsstelle, die Beschlussfassung und Inkraftsetzung von Bildungsplänen, die Entscheidung
über die Zulassung von Unterrichtsmaterialien und Religionsbüchern und die Beschlussfassung über eine sogenannte
Idschaza-Ordnung (Lehrbefugnis für den islamischen Religionsunterricht). Der Vorstand besteht aus fünf Personen. Die Amtszeit der
Mitglieder beträgt drei Jahre.
Die Schiedskommission hat insbesondere die Aufgabe, auf Antrag die Beschlüsse des Vorstandes in theologischer und rechtlicher
Hinsicht zu prüfen, sie zurückverweisen oder gegebenenfalls durch eigene zu ersetzen. Ihr gehören drei Mitglieder an. Die
Mitglieder der Schiedskommission handeln unabhängig.
„Mit der Stiftung entwickeln wir das bisherige Modellprojekt weiter und schaffen eine Perspektive für die Zukunft des
Religionsunterrichts, um dieses wichtige Angebot weiter ausbauen zu können. Wir setzen zudem ein klares Signal hinsichtlich des
Fortbestands des islamischen Religionsunterrichts für die Studierenden und die Lehrkräfte, wobei wir aber auch diejenigen
schützen, die bereits als Lehrkräfte tätig sind oder ihr Studium begonnen haben“, betonte Kultusministerin
Eisenmann.
„Mit der Stiftung wollen wir dem islamischen Religionsunterricht eine neue Dynamik und größere Verbreitung im Land
geben. Denn die Studierenden und die Studieninteressenten bekommen für die nächsten Jahre eine verlässliche Perspektive, so
dass hoffentlich auch bald die Zahl der Religionslehrerinnen und -lehrer steigen wird. Und auch die Schülerinnen und Schüler und
ihre Eltern bekommen damit Sicherheit, dass es mit dem islamischen Religionsunterricht weitergeht und er auch noch weiter ausgebaut
wird“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann.
Derzeit nehmen etwa 6.000 Schülerinnen und Schüler an knapp 90 Schulen am IRU als ordentlichem Lehrfach teil (circa 4 Prozent der muslimischen Schüler). Die Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer erfolgt an den Pädagogischen Hochschulen in Freiburg, Karlsruhe, Ludwigsburg und Weingarten sowie an der Universität Tübingen.
Als Mitglieder im Vorstand der Stiftung sind vorgesehen:
Bilal Hodžić,
Seyfi Öğütlü,
Emina Čorbo Mešić,
Prof. Dr. Zekirija Sejdini.
Akin Aslan
Als Mitglieder der Schiedskommission der Stiftung sind vorgesehen:
Prof. Dr. Tarek Badawia,
Prof. Dr. Osman Isfen,
Prof. Dr. Bülent Ucar.