Verschiedene Bildungsstudien und Leistungsvergleiche zeigen den Handlungsbedarf bei der Qualitätsverbesserung von Unterricht und Schule in Baden-Württemberg. Kultusministerin Dr. Susanne Eisenmann hat daher im Sommer 2017 ein Qualitätskonzept vorgestellt, das die Weichen für eine konsequente Orientierung an Qualität und Leistungsfähigkeit im baden-württembergischen Schulwesen stellt. Das Gesetz zur Umsetzung des Qualitätskonzepts ist zum 1. März 2019 in Kraft getreten.
Das Konzept ist das Ergebnis zahlreicher Analysen, Gespräche und Diskussionen mit Schulpraktikern, Bildungsforschern, Verbänden, Fachleuten aus anderen Bun-desländern, Vertretern der Schulverwaltung und Beratungsgremien – sowie zahlrei-cher öffentlicher und interner Veranstaltungen. Als eine Schwachstelle des baden-württembergischen Bildungssystems wurden hierbei die starke Zersplitterung der Verantwortlichkeiten und die unzureichende Qualität der Lehrerfortbildung benannt. Darüber hinaus haben Schulpraktiker und Experten aus der Bildungsforschung einhellig kritisiert, dass es bislang kein abgestimmtes und professionelles Bildungsmonitoring und keine datengestützte Schulentwicklung in Baden-Württemberg gibt.
Mit dem Qualitätskonzept wurden klarere konzeptionelle Vorgaben und Strukturen geschaffen sowie Zuständigkeiten gebündelt und geschärft. Darüber hinaus werden die Weichenstellungen für eine systematische datengestützte Qualitätsentwicklung auf allen Ebenen des Bildungssystems – vom KM bis hin zu den Schulen – vorgenommen.
Mit Inkrafttreten des Gesetzes zum 1. März 2019 wurden das Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) und das Institut für Bildungsanalysen Baden-Württemberg (IBBW) errichtet.
Das Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) bildet den Rahmen für ein wissenschaftsbasiertes,
zentral gesteuertes und auf Unterrichtsqualität fokussiertes Ausbildungs-, Fortbildungs- und Unterstützungssystem für die
allgemein bildenden und beruflichen Schulen. Lehreraus- und -fortbildung werden systematisch miteinander verknüpft und somit
gestärkt. Kernaufgaben des ZSL sind:
- die Personalentwicklung und die Führungskräftequalifizierung;
- die Konzeptentwicklung sowie Steuerung der Durchführung und Qualitätssi-cherung für die Aus- und Fortbildung zu pädagogischen Querschnittsthemen sowie für die fächer- und schulartspezifische Lehreraus- und -fortbildung;
- die Konzeption von unterrichtsbezogenen Unterstützungsangeboten;
- die Bildungsplanarbeit und Schulbuchzulassung;
- internationale Kooperationsprojekte in der Lehrerbildung;
- die Entwicklung, dezentrale Bereitstellung und Qualitätssicherung von Bera-tungsangeboten, beispielsweise im Bereich der
Schullaufbahn, beruflichen Orientierung, zusätzlichen Förderbedarfe und speziellen Begabungen, schulpsychologischen Dienste, der
Prävention und der Qualitätsentwicklung von allgemein bildenden und beruflichen Schulen.
Das Organigramm des ZSL können Sie hier (PDF) abrufen.
Das ZSL ist als Landesoberbehörde errichtet. Weitere Informationen zum ZSL finden Sie auch unter www.zsl-bw.de.
Regionalstellen des ZSL
Es steht außer Frage, dass in einem Flächenland wie Baden-Württemberg trotz der beabsichtigten Bündelung und Zentralisierung der konzeptionellen Aufgaben die Ausbildungs-, Fortbildungs- und Beratungsleistungen für Schulen weiterhin dezentral erbracht werden müssen. Das Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) wird darum neben der Zentrale aus sechs Regionalstellen bestehen, welche alle Standorte für die Ausbildung, Fortbildung und Beratung in einer Region umfassen. Die Regionalstellen werden als Außenstellen des ZSL geführt.
Eine Regionalstelle ist somit Dienstleister für alle Schulen und alle am Schulleben Beteiligten in einer bestimmten Region. Alle zentral im ZSL entwickelten Unterstützungsangebote für Schulen sind aus einer Hand regional verfügbar.
Als wichtige und in dieser Art neue Dienstleistung für die Schulen wird an jedem Hauptsitz einer Regionalstelle eine Leitstelle für pädagogische Unterstützung (LPU) eingerichtet, die als einheitliche Kontaktstelle für alle Anliegen von Schulen dient und Anfragen innerhalb der Regionalstelle weiterleitet. Jede Schule hat somit für alle Themen der Ausbildung, Fortbildung und Beratung einen regionalen Ansprechpartner.
Jede Regionalstelle hat einen Hauptsitz, d. h. einen Standort, an dem das Leitungs- und Koordinationspersonal verortet ist. Die Standorte der Hauptsitze sind Stuttgart (Sitz in Leinfelden-Echterdingen), Schwäbisch Gmünd, Karlsruhe, Mannheim, Tübingen und Freiburg.
Weitere Außenstellen des ZSL
Zum Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung gehören darüber hinaus die Au-ßenstellen Ludwigsburg (ehemals Landesinstitut für Schulsport, Schulkunst und Schulmusik), Schloss Rotenfels (ehemals Akademie Schloss Rotenfels) sowie die Außenstellen Esslingen, Bad-Wildbad und Comburg (Schwäbisch Hall; ehemalige Standorte der Landesakademie für Fortbildung und Personalentwicklung an Schulen).
Im Institut für Bildungsanalysen Baden-Württemberg (IBBW) wird ein strategisches Bildungsmonitoring
aufgebaut, das eine datengestützte Qualitätsentwicklung vom Kultusministerium bis hin zu den Schulen unterstützen soll. Zu
den Kernaufgaben des IBBW gehören:
- statistische Erhebungen und Auswertungen;
- die Entwicklung von Konzepten, Aufgaben und Instrumenten zur Diagnose und Förderung von Kompetenzen sowie zu zentralen Prüfungen;
- die aufgabenbezogene bzw. systematische und wissenschaftsbasierte Erfassung, Auswertung und adressatengerechte Aufbereitung von steuerungsrelevanten Daten wie Bildungsindikatoren und Trends auf unterschiedlichen Ebenen;
- die Entwicklung von Konzepten und Instrumenten zur Evaluation der Unterrichts- und Schulqualität und die Durchführung von Evaluationen;
- die Entwicklung, Begleitung und Evaluation von Konzepten, beispielsweise zu bildungspolitischen Reformvorhaben, auf der Grundlage der empirischen Bildungsforschung;
- die Unterstützung des ZSL bei der evidenzbasierten Entwicklung von Standards, die Forschungskooperation und der
Wissenschaftstransfer.
Das Organigramm des IBBW können Sie hier (PDF) abrufen.
Das IBBW ist als nicht-rechtsfähige Anstalt öffentlichen Rechts errichtet. Es hat seinen Sitz in Stuttgart, in den Räumlichkeiten des ehemaligen Landesinstituts für Schulentwicklung. Weitere Informationen zum IBBW finden Sie auch unter www.ibbw-bw.de.
Am 20. Dezember 2018 hat Kultusministerin Dr. Susanne Eisenmann die Entscheidung für die Leitungsstellen der beiden neuen Institutionen bekannt gegeben: Dr. Thomas Riecke-Baulecke ist Präsident des ZSL und Dr. Günter Klein ist Direktor des IBBW.
Mit Dr. Thomas Riecke-Baulecke ist ein angesehener Fachmann auf dem Gebiet der schulischen Qualitätsentwicklung nach Baden-Württemberg gekommen. Er war seit 2003 Direktor des Instituts für Qualitätsentwicklung an Schulen Schleswig-Holstein. Dr. Günter Klein ist ein ausgewiesener Experte in der Bildungslandschaft in Baden-Württemberg. Er war unter anderem bereits als Lehrer, stellvertretender Schulleiter, Referent am Kultusministerium und Leiter des Staatlichen Schulamts Nürtingen tätig. Zuletzt war er Direktor des ehemaligen Landesinstituts für Schulentwicklung (LS) in Stuttgart.
Die neuen Einrichtungen werden vom Wissenschaftlichen Beirat
begleitet, den Frau Ministerin Dr. Eisenmann am 1. August 2017 berufen hat. Vorsitzender des fünfköpfigen Gremiums ist Prof. Dr.
Ulrich Trautwein (Universität Tübingen), weitere Mitglieder sind Prof. Dr. Anne Sliwka (Universität Heidelberg), Prof. Dr.
Reinhold Nickolaus (Universität Stuttgart) und Prof. Dr. Timo Leuders (Pädagogische Hochschule Freiburg). Seit ist dem 24.
Februar 2022 ist Prof. Dr. Havva Engin (Pädagogische Hochschule Heidelberg) Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats.
Ulrich Trautwein ist Professor für Empirische Bildungsforschung an der Universität Tübingen. Nach einem
Studium der Psychologie in Göttingen war er Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin. Trautwein forscht
unter anderem zur Effektivität im Bildungssystem und wurde für seine wissenschaftlichen Arbeiten vielfach ausgezeichnet. Er
gehört mehreren Expertenkommissionen und Beiräten im Bereich der Bildungsforschung an. Mehr |
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Anne Sliwka ist Professorin für Bildungswissenschaft an der Universität Heidelberg. Sie studierte in Bonn,
Paris und Oxford und promovierte dort zum interkulturellen Transfer von Bildungskonzepten. Der internationale Vergleich von Schulsystemen
und Schulentwicklung ist einer ihrer Forschungsschwerpunkte. Sliwka war zuvor wissenschaftlicher Vorstand am ehemaligen Landesinstitut
für Schulentwicklung. Mehr |
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Stephan Schumann ist seit 2013 Professor für Wirtschaftspädagogik an der Universität Konstanz. Er
studierte Wirtschaftspädagogik an der Humboldt-Universität zu Berlin, wo er auch promovierte. Im Anschluss forschte er an den
Universitäten Zürich und Fribourg (Schweiz). Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören die Lehr-Lernforschung mit
Schwerpunkt Digitalisierung, die Übergangsforschung sowie die Forschung zu ökonomischen Kompetenzen. An der Universität
Konstanz ist er Mitglied der Sprechergruppe der Binational School of Education (BiSE) und leitet dabei verschiedene Projekte zur
Entwicklung der Lehrerbildung. Mehr |
Timo Leuders ist Professor für Mathematik und ihre Didaktik an der Pädagogischen Hochschule Freiburg.
Leuders hat Physik und Mathematik in Dortmund studiert, als Gymnasiallehrer unterrichtet und am nordrhein-westfälischen
Kultusministerium gearbeitet. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören die mathematikdidaktische Lehr-Lernforschung und die
Lehrerbildungsforschung. Mehr |
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Havva Engin ist seit 2010 Professorin für Allgemeine Pädagogik mit dem Schwerpunkt Interkulturelle
Pädagogik an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg. Sie studierte Gymnasiallehramt an der Technischen Universität Berlin,
wo sie auch promovierte, und forschte an der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe und an der Fachhochschule Bielefeld. Zu ihren
Forschungsschwerpunkten gehören Sprachförderung, interkulturelle Pädagogik und Bildungsintegration. Mehr |
Im Sommer 2017 hat das Kultusministerium mit den Vorarbeiten für die Gründung des ZSL sowie des IBBW begonnen. Um diesen Prozess mit all seinen Detailfragen und Umsetzungsschritten zu steuern, hat das Kultusministerium eine Lenkungsgruppe sowie zwölf thematische Arbeits- und Projektgruppen eingerichtet. In der Lenkungsgruppe wurden die Ergebnisse aus den unterschiedlichen Arbeits- und Projektgruppen zusammengeführt.
In den Arbeits- und Projektgruppen, die mit der Ausarbeitung unterschiedlicher Themenbereiche der Umsetzung des Qualitätskonzepts beauftragt waren, wirkten Vertreterinnen und Vertreter aus der Schulpraxis sowie der unterschiedlichen Institutionen und Ebenen der Schulverwaltung mit. Dadurch war gewährleistet, dass Fachwissen und Perspektiven der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Anfang an mit einbezogen waren. Auch Personalvertretungen und Beauftragte für Chancengleichheit waren beteiligt.
Die Arbeitsgruppe „Zielstrukturen“ hatte den Auftrag, die Aufgaben der zwei neuen Institutionen genau zu beschreiben, ihre Schnittstellen und ihre Abgrenzung zuei-nander und Organigramme zu erstellen
Die Arbeitsgruppe „Stellenplan/Besoldungsstruktur“ sowie die Projektgruppen „Organisation/Infrastruktur“, „Recht“, „Finanzen“ und „Personal“ beschäftigten sich mit den konkreten organisatorischen, informationstechnischen und rechtlichen Fragestellungen der Umstrukturierung sowie mit Haushalts- und Personalangelegenheiten.
Weitere Projektgruppen waren mit der Ausgestaltung der konzeptionellen Neuausrichtung in unterschiedlichen Bereichen beauftragt: „Lehrerbildung“, „Beratungs- und Unterstützungssysteme“, „Selbstverständnis Schulverwaltung“, „Bildungsmonitoring“, „Externe Evaluation“ und „IT-Verfahren/Statistik“.
Die Umsetzung wurde eng vom wissenschaftlichen Beirat begleitet. Dieser brachte seine wissenschaftliche Expertise beispielsweise durch Rückmeldungen und Anregungen zu den Zwischenergebnissen der Arbeits- und Projektgruppen, durch Stellungnahmen aus wissenschaftlicher Sicht zu Fragen der Gruppen im Arbeitsverlauf sowie durch eigene Impulse ein.
Am 16. Oktober 2018 hat sich der Ministerrat mit der Kabinettsvorlage zum Quali-tätskonzept befasst und die Freigabe zur Durchführung der Anhörung des darin enthaltenen Artikelgesetzes erteilt. Wesentliche Bestandteile des Artikelgesetzes sind die Errichtungsgesetze für das ZSL und für das IBBW. Zudem werden die strukturellen Veränderungen in weiteren Gesetzen und Verordnungen, z. B. im Landesbeamtengesetz und im Landesbesoldungsgesetz, umgesetzt.
Das Anhörungsverfahren wurde vom 16. Oktober an bis zum 27. November 2018 durchgeführt; anschließend wurden die Anhörungsergebnisse in den Gesetzentwurf eingearbeitet.
Am 18. Dezember 2018 hat das Kabinett dem Gesetzentwurf zur Umsetzung des Qualitätskonzepts zugestimmt und das Staatsministerium beauftragt, den Entwurf in den Landtag einzubringen. Die erste Lesung des Gesetzentwurfs fand am 31. Januar 2019 statt, die zweite Lesung und der Beschluss erfolgten am 13. Februar 2019. Zum 1. März 2019 trat das Gesetz zur Umsetzung des Qualitätskonzepts in Kraft.
Frau Ministerin Dr. Susanne Eisenmann informierte am 8. Oktober 2018 im Rahmen der Veranstaltung „Wie Evidenzorientierung gelingt" unter anderem Vertreterinnen und Vertreter aus der Politik, der Schulverwaltung und der Lehreraus- und ‑fortbildung sowie von den Beratungsgremien des Kultusministeriums und den Verbänden über den aktuellen Stand der Umsetzung des Qualitätskonzepts. Im Rahmen einer Podiumsdiskussion wurden aktuelle Fragestellungen zum Qualitätskonzept aufgegriffen.
Im Fokus der Veranstaltung stand mit Blick auf die künftige Ausrichtung des Bildungssystems Baden-Württembergs darüber hinaus die Frage, wie evidenzorientiertes Handeln in Bildungspolitik und Bildungspraxis gelingend umgesetzt kann. Am Nachmittag führte Frau Prof. Dr. Felicitas Thiel (Freie Universität Berlin) in ihrem Hauptvortrag in die Thematik einer „Evidenzbasierten Steuerung im Bildungssystem“ ein.
Präsentation
„Evidenzbasierte Steuerung im Bildungssystem" (PDF)
Vier Foren, die von den Mitgliedern des wissenschaftlichen Beirats zusammen mit weiteren namhaften Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis geleitet wurden, beleuchteten anschließend Aspekte eines evidenzorientierten Handelns in der Praxis auf unterschiedlichen Ebenen:
Forum 1: Datengestützte Schulentwicklung - das Modell des kanadischen PISA-Siegers Alberta
Referentin: Dr. Dianne Yee, Calgary Board of Education, Kanada
Moderation und Übersetzung: Prof. Dr. Anne Sliwka, Universität Heidelberg
Forum 2: Veränderungsprozesse und Führung
Referentin: Prof. Dr. Cornelia Gräsel, Universität Wuppertal
Moderation: Prof. Dr. Reinhold Nickolaus, Universität Stuttgart
Präsentation
„Veränderungsprozesse und Führung" (PDF)
Forum 3: Die Arbeit mit Daten in Hamburg - von Evidenz zu Entwicklung
Referent: Norbert Maritzen, ehem. Institut für Bildungsmonitoring und Qualitätsentwicklung, Hamburg
Moderation: Prof. Dr. Timo Leuders, Pädagogische Hochschule Freiburg
Präsentation
„Die Arbeit mit Daten in Hamburg - von Evidenz zu Entwicklung" (PDF)
Forum 4: Basisdimensionen der Unterrichtsqualität - wie Daten helfen können, den Unterricht zu verbessern
Referenten/Moderation: Prof. Dr. Ulrich Trautwein und Dr. Richard Göllner, Universität Tübingen