Sprachliche Kompetenzen sind der Schlüssel, um in Schule, Beruf und Gesellschaft zu bestehen. Doch gerade in diesen Bereichen waren
die Ergebnisse des IQB-Bildungstrends für Baden-Württemberg nicht zufriedenstellend. Im Bereich „Lesen“ erreichen
19,1 % der Schülerinnen und Schüler nicht den Mindeststandard.
Das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport hat deshalb umgehend reagiert und führt nun für alle Grundschulen des Landes
ein verbindliches Lesetraining ein, das sich an den Empfehlungen der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission der KMK ausrichtet. Dabei
soll unter anderem künftig an den baden-württembergischen Grundschulen zwei Mal wöchentlich 20 Minuten aktiv laut gelesen
werden.
„Wir stärken mit diesem Programm eine der wichtigsten Kernkompetenzen überhaupt. Viele im späteren Leben
benötigte Fähigkeiten bauen darauf auf“, sagt Kultusministerin Theresa Schopper. „Die Maßnahme kommt
insbesondere Schülerinnen und Schülern zugute, bei denen zu Hause nicht regelhaft Deutsch gesprochen wird oder denjenigen,
für die ständiges Vorlesen im Elternhaus nicht selbstverständlich war.“ Diese Kinder täten sich
naturgemäß in den ersten Schuljahren schwerer im Erwerb von Sprachkompetenzen.
Für die Grundschulen, die noch keine eine eigene Konzeption oder institutionalisierte Lesestrategie entwickelt haben oder dies
beabsichtigen, stellt das Kultusministerium eine fertige Förderstruktur zur Verfügung: BiSS-Transfer, eine gemeinsame Initiative
des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) und der Länder, steht für Bildung in Sprache und Schrift.
Es verfolgt den wissenschaftsbasierten Transfer von erprobten Konzepten zur Sprachbildung, Lese- und Schreibförderung.
Es ist ein erklärtes bildungspolitisches Ziel in Baden-Württemberg, dass alle Grundschulen zum Schuljahr 2023/24 über eine
fundierte Lesestrategie verfügen. Dass ein auf wissenschaftlicher Basis entwickeltes Lesetraining nun in der Breite in den
Grundschulen des Landes eingeführt werde, sei ein wichtiger Beitrag zur Bildungsgerechtigkeit, so Schopper. „Lesen, Schreiben
und Ausdrucksvermögen sind elementare Kulturtechniken, denen wir von Anfang an besondere Aufmerksamkeit widmen müssen“,
sagt die Kultusministerin, und ergänzt: „Unser Ziel ist es, den Unterricht an den Schulen gemeinsam mit den Lehrerinnen und
Lehrern qualitativ so weiterzuentwickeln, dass er alle Kinder befähigt, den Anforderungen von Beruf und Gesellschaft erfolgreich und
selbstbewusst zu begegnen.“
BiSS-Transfer: Systematisches Lesetraining in „Laut-Lese-Tandems“
BiSS-Transfer enthält verbindliche Elemente, die nachweislich Lernerfolge bei den Kindern im Lesen erzielt haben. Ein Beispiel sind
die „Laut-Lese-Tandems“, die nach dem Sportler-Trainer-Prinzip funktionieren: Lesestarke Schülerinnen und Schüler
bilden jeweils Zweierteams mit leseschwächeren Schülerinnen und Schülern, um letztere bei der Verbesserung ihrer
Leseflüssigkeit zu unterstützen. Erste Studien aus Hamburg zeigen, dass davon sowohl leistungsschwache wie leistungsstarke Kinder
profitieren.
Durch den Einsatz festgelegter Lesestrategien sowie der im Stundenplan verbindlich ausgewiesenen Leseförderbänder, sprich fester
Lesezeiten, lernen die Kinder zunehmend kompetent mit Texten umzugehen. Aus der Forschung ist bekannt, dass sich ein solches
regelmäßiges Lesetraining positiv auf die Leseleistungen auswirkt. Das systematische Leseförderkonzept ist ein wirksames
Instrument, um den Anteil der Kinder, die die Mindeststandards im Lesen erreichen, zu steigern.
Unterstützung der Lehrkräfte durch Sprachbildnerinnen und Sprachbildner
Die teilnehmenden Grundschulen werden in 12 regionalen Verbünden organisiert, die den Austausch und die Netzwerkbildung fördern
sollen. 402 Grundschulen setzen das Programm bereits um. Nun soll der landesweite Roll-out möglichst alle Grundschulen
einbeziehen.
An jeder Schule wird hierzu eine so genannte BiSS-Transfer-Projektgruppe eingerichtet sowie eine Ansprechperson benannt, die gemeinsam
Sorge dafür tragen, dass die Absprachen und der Informationsaustausch innerhalb der Schule reibungslos erfolgen können. Dies ist
eine wichtige Gelingensbedingung im Hinblick auf die systematische Vorgehensweise bei der Umsetzung des Lesecurriculums. Unterstützt
werden die Schulen von sechs BiSS-Regionalkoordinatorinnen sowie von etwa 50 BiSS-Sprachbildnerinnen und Sprachbildnern, die für jede
Regionalstelle des Zentrums für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) eigens dafür ausgebildet wurden, die Lehrkräfte
bei der Umsetzung des BiSS-Lesecurriculums im Unterricht fachlich zu unterstützen. So werden den teilnehmenden Lehrkräften im
Laufe des kommenden Schuljahres insgesamt rund 90 Fortbildungsveranstaltungen zur Förderung der Leseflüssigkeit sowie zur
Förderung des Leseverstehens durch den Einsatz von Lesestrategien angeboten. Für weitere Hilfestellungen und das Beantworten von
spezifischen Fragen stehen die BiSS-Sprachbildnerinnen und Sprachbildner in regelmäßig angebotenen BiSS-Transfer
Online-Sprechstunden zur Verfügung.
Teil des Landesprogramms ‚Starke BASIS!‘
BiSS-Transfer für die Grundschulen ist ein wichtiger Bestandteil des landesweiten Programms Starke BASIS!, welches das Ziel verfolgt,
die Basiskompetenzen in den Klassen eins bis acht in den Fächern Deutsch und Mathematik zu sichern.
In Baden-Württemberg setzten bislang 402 Grundschulen BiSS-Transfer um, bundesweit sind es bis zu 2700 Schulen und Kitas. Der
Schwerpunkt liegt auf der systematischen Leseförderung.
Durch das auf Bundesebene angesiedelte wissenschaftliche Trägerkonsortium werden die Länder und Verbünde zudem bspw. durch
eine Tool-Datenbank, in der nach wissenschaftlichen Kriterien mehr als 100 Tools zu Diagnostik, Förderung und Professionalisierung im
Bereich Sprachbildung dokumentiert sind sowie durch kostenfreie Handreichungen und Broschüren, in denen Tools und Konzepte zur
sprachlichen Bildung vorgestellt werden, unterstützt.
Weitere Informationen zu BiSS finden Sie unter: www.biss-sprachbildung.de/.
Wissenschaftlich erprobtes Lesetraining an Grundschulen landesweit

Andrew Ebrahim/Unsplash
Kultusministerin Theresa Schopper: „Mit der landesweiten Einführung dieses intensiven Lesetrainings reagieren wir auf die in der IQB-Studie zu Tage getretenen Schwächen. Wir stärken auf diese Weise eine dringend benötigte Kernkompetenz der Kinder und leisten einen wichtigen Beitrag zu mehr Bildungsgerechtigkeit. Denn Erfolg in der Grundschule legt das Fundament für Erfolg im Leben.“