Mit einem Sofortprogramm von 18 Maßnahmen forciert die Landesregierung das Thema Unterrichtsversorgung. Kultusministerin Theresa
Schopper sagt dazu am Freitag: „Unser zentrales Ziel ist: Eine gute Unterrichtsversorgung in schwierigen Zeiten sichern. Das
Sofortprogramm ist daher eingebettet in mittel- und langfristige Maßnahmen.“
Baden-Württemberg kämpft wie die anderen Bundesländer auch mit einem Mangel an Lehrerinnen und Lehrern. Die
Landesregierung hat darauf bereits mit zusätzlichen Lehrerstellen, mit Studienplatzerhöhungen für die Lehrämter, mit
mehr Ausbildungsplätzen für Fachlehrkräfte, aber auch durch den Einsatz von Pensionären, Direkteinsteigern und von
Lehrkräften aus anderen Schularten an Grundschulen reagiert. Da ein Teil dieser Maßnahmen jedoch erst zeitversetzt wirkt, legt
die Landesregierung nun mit einem Sofortpaket für eine verlässliche Unterrichtsversorgung nach. Dieses soll die
Unterrichtsversorgung zeitnah, also in den nächsten Schuljahren, verbessern.
Kultusministerin Theresa Schopper sagt: „Eine gute Unterrichtsversorgung für unsere Kinder und Jugendlichen ist für mich
ein absolutes Kernanliegen. Wir haben in den vergangenen Jahren bereits viele Hebel umgelegt, aber die Herausforderungen nehmen zu. Darauf
reagieren wir – mit einem engagierten Paket aus 18 konkreten Maßnahmen. Damit erschließen wir eine zusätzliche
Kapazität von rund 500 Deputaten. Dabei setzen wir auf drei Schwerpunkte:
Erstens wollen wir die Personalbasis bei den Lehrkräften vergrößern. Dafür verstärken
wir unsere Anstrengungen, Direkteinsteiger und Personen mit einer ausländischen Lehramtsausbildung als zusätzliche
Lehrkräfte zu gewinnen.
Zweitens werden wir dort, wo die Belastungen besonders hoch sind, gezielt entlasten. Das gilt etwa für die
Leitungszeit von Schulleitungen oder für Schulen mit Ganztagsangeboten. Und wir sorgen für zusätzliche
Unterstützung der Lehrkräfte bei ihrer Arbeit durch pädagogische Assistentinnen und Absolventen eines freiwilligen
sozialen Jahres.
Drittens werden wir die vorhandenen Kräfte heranziehen. Der Sonderfall der Teilzeit aus ‚sonstigen
Gründen‘ wird auf einen Mindestumfang von 75 Prozent begrenzt. Das schafft Planbarkeit und Verlässlichkeit. Teilzeit aus
familiären Gründen bzw. zur Pflege von Angehörigen sowie Teilzeit in Elternzeit sind selbstverständlich weiter wie
bisher möglich. Referendarinnen und Referendare werden insbesondere durch den Wegfall der Dokumentation bzw. Hausarbeit entlastet,
dafür mit einer zusätzlichen Wochenstunde im praktischen Teil stärker eingebunden. Diese Schritte sind uns nicht leicht
gefallen, da sie für die betroffenen Lehrkräfte eine zusätzliche Belastung bedeuten. Wir haben diese Schritte sehr
sorgfältig abgewogen und gehen diese Schritte dennoch, da sie helfen, den Unterricht an unseren Schulen zu sichern – und so
unseren Kindern ganz konkret zu Gute kommen.“
Die wichtigsten Maßnahmen im Überblick
I. Personalbasis erweitern
Um das Feld der Personen zu erweitern, die in den Schulen arbeiten können, wird der an den beruflichen Schulen und bei
Fachlehrkräften erfolgreiche Direkteinstieg auf die Lehrämter Grundschule und Sekundarstufe I ausgeweitet. Damit
können künftig Personen, die ein nicht-lehramtsbezogenes Bachelor- (Grundschule) oder Masterstudium (Sekundarstufe I) mit
Fächern absolviert haben, die an den Schulen unterrichtet werden, ab dem kommenden Schuljahr an den Schulen unterrichten. „Die
pädagogische Qualität ist uns dabei sehr wichtig. Deshalb gibt es eine zweijährige, parallele Schulung an den Seminaren.
Diese stellt sicher, dass die Direkteinsteigerinnen und -einsteiger in Pädagogik und Didaktik sattelfest gemacht werden“, sagt
die Kultusministerin. Über den Direkteinstieg an den beruflichen Schulen können pro Jahr etwa 200 bis 300 Personen gewonnen
werden. Um den Direkteinstieg über Fachlehrkräftestellen in der Sonderpädagogik haben sich seit dem Herbst etwa 100 Personen
beworben.
Außerdem sollen künftig Personen mit einer ausländischen Lehramtsausbildung, die nicht vollständig anerkannt
werden kann, eine konkretere Perspektive bekommen. Wenn nach den Vorgaben der Kultusministerkonferenz noch Punkte für die Anerkennung
fehlen, sollen die Personen trotzdem bereits mit geringerem Umfang in der Schule beginnen können. Die Aufholkurse können dann
berufsbegleitend absolviert werden. Voraussetzung dafür ist, dass es wahrscheinlich ist, dass die Person die Aufholkurse erfolgreich
absolviert.
Weitere Maßnahmen in diesem Bereich umfassen:
- Bereits erfolgt ist die Ausweitung des vorzeitigen Einstellungsverfahren im November für die Engpassregionen auf alle Schularten
und Fächer.
- Nach einem Stichtagsmodell sollen befristet beschäftigte Lehrkräfte in den Sommerferien durchbezahlt werden.
- Die Werbemaßnahmen für den Beruf als Lehrkraft werden ausgeweitet.
II. Maßnahmen für Bestandslehrkräfte & im Referendariat
Etwa 14.000 Lehrerinnen und Lehrer arbeiten aktuell in sogenannter voraussetzungsloser Teilzeit, davon rund 4.000 mit weniger als 70
Prozent. Für das kommende Schuljahr 2023/2024 sind die Anträge zu einem großen Teil bereits eingereicht. Ab dem Schuljahr
2024/2025 wird diese Teilzeit aus ‚sonstigen Gründen‘ aber eingeschränkt. „Wer sich um die eigenen
Kinder kümmert oder Angehörige pflegt, der hat gute Gründe für Teilzeit und kann auch weiterhin Teilzeit nehmen. Doch
bei anderen Gründen hat die Unterrichtsversorgung jetzt Vorrang“, stellt Kultusministerin Schopper klar. Sie legt fest:
„Deshalb werden wir bei der künftigen Antragsstellung für das Schuljahr 2024/2025 bei einer Teilzeit aus ‚sonstigen
Gründen‘ grundsätzlich nur noch eine Reduzierung um bis zu 25 Prozent ermöglichen.“ Ausnahmen könne es z.
B. für schwerbehinderte Lehrkräfte geben.
Zur Unterrichtsversorgung sollen auch die Referendarinnen und Referendare einen Beitrag leisten. Ab dem Vorbereitungsdienst, der im
Frühjahr 2024 beginnt, werden die angehenden Lehrkräfte ab der zweiten Hälfte des Vorbereitungsdienstes eine Stunde
mehr unterrichten. „Gleichzeitig entlasten wir die angehenden Lehrkräfte in anderen Bereichen“, sagt Schopper.
Sie erklärt: „Wir gewinnen damit etwa Stunden im Umfang von 200 Stellen.“
Weitere Maßnahmen in diesem Bereich umfassen:
- Die Inanspruchnahme von Freistellungsjahren soll künftig eingeschränkt werden und z. B. erst nach einer Verweildauer von
fünf Jahren im Landesdienst möglich sein.
- Qualifizierungsangebote für Lehrkräfte in Mangelfächern werden ausgebaut.
III. Gezielt entlasten und unterstützen
Bereits beschlossen ist, dass es Entlastung für mittlere und größere Schulen durch die Anhebung der Leitungszeit sowie
zusätzliche Anrechnungsstunden für Außenstellen und im Rahmen der Inklusion gibt. „Wir gehen bei unserem
Schulleitungskonzept aber auch den nächsten Schritt und kümmern uns um die kleinen Schulen, die bisher nicht von der Entlastung
profitiert haben. Dort werden wir die Leitungszeit für Schulleitungen von zehn auf elf Stunden erhöhen“,
kündigt die Ministerin an. Diese Maßnahme greift bereits zum kommenden Schuljahr. Außerdem wird auch die Leitungszeit
für Schulen mit mehr als 40 Klassen erhöht. „Um die Lehrerinnen und Lehrer bei ihrer Arbeit konkret zu unterstützen,
erhöhen wir außerdem die Stellen für pädagogische Assistentinnen und Assistenten und stellen zudem 250 zusätzliche
Plätze für das freiwillige soziale Jahr im pädagogischen Bereich zur Verfügung“, sagte die
Kultusministerin.
Weitere Maßnahmen in diesem Bereich umfassen:
- In Regionen mit besonderem Bedarf sollen Personen ohne Lehramtsausbildung, die in der Schule aushelfen, besser unterstützt
werden.
- ‚Handschlaglehrkräfte‘, die flexibel bisher nur an Grundschulen eingesetzt werden konnten, können künftig
auch an Schulen der Sekundastufe I eingesetzt werden.
- Ganztagsschulen, die viele externe Partner in den Schulalltag einbinden, erhalten eine zusätzliche Anrechnungsstunde.
- Lehrerwochenstunden im Ganztag können künftig statt wie bisher zu 50 Prozent zu 70 Prozent monetarisiert werden.
- Das Betriebliche Gesundheitsmanagement wird ausgebaut.
Weitere Informationen
Die folgenden Maßnahmen zur Sicherung der Unterrichtsversorgung setzt das Kultusministerium bereits um.
Langfristige Maßnahmen:
Die Landesregierung hat die Studienplätze in den Lehrämtern wie folgt ausgebaut:
- Im Lehramt Grundschule wurden die Studienplätze von 970 Plätzen im Studienjahr 2015/2016 auf 1.672
Studienplätze seit dem Studienjahr 2018/2019 ausgebaut.
- Im Lehramt Sonderpädagogik wurden die Studienplätze von 320 Plätzen im Studienjahr 2013/2014 auf 520
seit dem Studienjahr 2016/2017 angehoben. Ab dem kommenden Wintersemester werden 175 Studienplätze an der PH Freiburg
hinzukommen.
- Im Lehramt Sekundarstufe I wurden die Studienplätze nach einem zwischenzeitlichen Rückbau auf 1.030
Studienplätze im Studienjahr 2018/2019 wieder auf 1.427 Studienplätze seit dem Studienjahr 2022/2023 ausgebaut.
Kurzfristige Maßnahmen:
Unter anderem ergreift die Landesregierung bereits die folgenden Maßnahmen, um die Unterrichtsversorgung sicherzustellen. Diese
haben sich zu diesem Schuljahr wie folgt ausgewirkt:
- 2.973 Lehrerinnen und Lehrer, die in Teilzeit arbeiten, haben ihre Teilzeitdeputate erhöht.
- Zur Sicherstellung des Unterrichts wurden 2.405 Lehrerinnen und Lehrer aus dienstlichen Gründen in benachbarte Regionen
abgeordnet oder versetzt.
- 442 Pensionärinnen und Pensionäre helfen an den Schulen mit befristeten Verträgen aus.
- 2.267 Personen, die nicht die Voraussetzung für eine dauerhafte Einstellung erfüllen, wurden in befristeten Verträgen
angestellt. Diese können unter bestimmten Voraussetzungen „entfristet“ werden.
- 173 Arbeitsverhältnisse von Personen die bisher über mehrere Jahre in befristeten Verträgen angestellt waren,
wurden entfristet. Auch zum kommenden Jahr wird das Kultusministerium weitere Entfristungen vornehmen.
- 48 Gymnasiallehrkräfte haben sich für einen Einstieg an Grundschulen oder Schulen der Sekundarstufe I entschieden
oder wurden an die Sekundarstufe I abgeordnet.
- 260 Personen sind über den Direkteinstieg an den beruflichen Schulen eingestellt worden. Diese Möglichkeit wird zum
kommenden Schuljahr für die Fachlehrkräfte Sonderpädagogik, sowie die Lehrämter Grundschule und Sekundarstufe I
ausgeweitet.