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Ganztag

Kommunikation, Kooperation und rhythmischer Applaus

Kultusministerin Eisenmann stellte den Qualitätsrahmen Ganztag vor. (Foto: © KM)
Bei der Vorstellung des Qualitätsrahmens Ganztagsschule durch Kultusministerin Eisenmann diskutierten Fachleute über das Gelingen einer guten Betreuung. Mit dabei waren auch 25 Grundschüler mit ihrem ersten öffentlichen Musikauftritt.

In der Mitte des Konferenzsaals in der Sparkassenakademie beginnt jemand zu klatschen. Das steckt an, und immer mehr der etwa 250 Besucher der Vorstellung des Qualitätsrahmens Ganztagsschule Baden-Württemberg stimmen ein. Das Publikum – Vertreterinnen und Vertreter von Schulen, Verbänden, Kommunen, eben am Ganztag Beteiligte – klatscht nun gemeinsam im Rhythmus von „Der Löwe schläft heut‘ Nacht“, das die 25 Kinder der Stuttgarter Altenburgschule gesanglich und mit Ukulele aufführen.

Es ist ein Sinnbild für gute Schule und ein konkretes Beispiel für die folgende theoretische Diskussion der Fachleute. Unterstützung für die Mädels und Buben des Chors und der Ukulele-Gruppe bei ihrem ersten öffentlichen Auftritt. Das tut gut, das stärkt das Selbstvertrauen, das gibt schöne Erzählungen daheim am Familientisch und baut auf, wenn die Mathe-Note nicht so gut ist. Später auf dem Podium wird das Beispiel der Urkunde für starke sportliche Leistungen oder das Erwähnen vom Organisationstalent bei einem Schulfest in einem Zeugnisbeiblatt fallen. Auch das trägt zu einer gelingenden Schullaufbahn, zum Wohlfühlen im Lebensraum Schule bei.

Die jeweiligen Schulen entscheiden selbst

Zuvor hat Kultusministerin Dr. Susanne Eisenmann den Qualitätsrahmen Ganztagsschule Baden-Württemberg vorgestellt und Professorin Anne Sliwka von der Universität Heidelberg diesen inhaltlich erläutert. Er ist das Ergebnis der beiden Ganztagsgipfel und des Fachtags, bei denen der Wunsch nach einer qualitativen Richtschnur und einem landesweiten Unterstützungssystem deutlich wurde.

An diesem Montag wurde deutlich, dass es beim gelingenden Ganztag vor allem um Kommunikation gehen muss, um das gegenseitige Ergänzen der verschiedenen Expertisen, um einen gemeinsam erarbeiteten und ausgeführten Plan. Hierfür ist die Selbstständigkeit der jeweiligen Schule wichtig. „Schulleitung, Lehrkräfte, Eltern, Schülerinnen und Schüler erhalten viel Freiheit bei der Gestaltung ihrer Ganztagsschule“, sagte Ministerin Susanne Eisenmann. „Sie bestimmen selbst, welchen Weg, welche Etappen sie in welcher Geschwindigkeit gehen werden. Sie entscheiden selbst, welcher Weg am besten zu ihren Möglichkeiten passt.“

„Wir und unsere Schule“

Zu den innerschulischen Kooperationspartnern beim Ganztag kommen die außerschulischen – und für jeden sollte eine Prämisse gelten, wie Professorin Anne Sliwka sagte: „Es sollte nicht heißen: Ich und mein Kind, ich und mein Unterricht, ich und mein Verein. Sondern wir und unsere Schule.“ Auf dieses sogenannte ko-konstruktive Miteinander, diese kooperative Professionalität wurde in der Podiumsdiskussion mehrfach hingewiesen. „Es braucht immer wieder Anlässe, um die Perspektive des anderen einzunehmen“, sagte Staatssekretär Volker Schebesta MdL, und Professorin Anne Sliwka fügte an: „Der Ganztag ist wie eine gemeinsame Reise. Da muss man auch öfter mal improvisieren.“ Zudem müsse man auch Täler durchschreiten, wenn man etwas Neues macht. Langer Atem sei daher gefragt. Damit das klappt, ist eine gemeinsame Haltung unerlässlich, sagte Schulleiterin Beate Ritter, die auch Landesvorsitzende des Ganztagsschulverbandes ist: „Der Qualitätsrahmen ist wunderbar, aber über allem schwebt die Ressourcenfrage.“ Das sieht auch Dr. Markus Mayer von der Caritas so: „Der Qualitätsrahmen bietet eine gute Richtschur. Wichtig ist, dass die Kinder und Jugendlichen im Zentrum stehen.“

Hermann Maier, Leiter des Amtes für Schule und Bildung in Freiburg, sieht die Rolle der Kommunen bislang noch unterschätzt. „Das vor Ort ist die Ressource, aus der sich der Ganztag bedienen kann.“ Für alle Beteiligten brauche es eine Verlässlichkeit, daher müssten mit dem Anwachsen an Qualität auch die Ressourcen für den Ganztag mitwachsen. Für Professorin Anne Sliwka zeichnet sich die Position der Kommunen nicht so homogen wie die der außerschulischen Partner auf Vereins- oder Verbandsebene. „Der Mangel an jungen Eltern im Gemeinderat ist ein Problem“, sagte sie. In puncto Ressourcen helfe der Qualitätsrahmen laut Beate Ritter bei der Kontrolle, ob denn alle Möglichkeiten an der jeweiligen Schule schon ausgeschöpft werden: „Er liefert viele Impulse und sollte nicht als Druck, sondern als Gestaltungsmöglichkeit empfunden werden.“

Modelle aus Legosteinen

Die Gestaltung von Zeit und Raum ist ein Kernelement der Ganztagsstruktur. „Schule muss ein Ort sein, an dem die Schülerinnen und Schüler gerne sind, an dem sie Spaß am Lernen haben“, sagte Staatssekretär Volker Schebesta, und Professorin Anne Sliwka definierte drei Faktoren, damit sich die Kinder dort wohlfühlen: „Erstens, erlebe ich mich irgendwo in der Schule kompetent? Zweitens, gibt es Formen der Autonomie? Drittens, herrscht eine emotionale Zugehörigkeit?“ Die Identifikation mit der Schule steige, wenn die kompetenten Partner im jeweiligen Umfeld in den Ganztag eingebunden sind, ergänzte Schulamtsleiter Hermann Maier. Nicht minder wichtig sei, dass die Kinder mitwirken können: „Dieser Aspekt der Partizipation ist schön im Qualitätsrahmen ausgearbeitet.“

Markus Mayer von der Caritas nannte in diesem Zusammenhang ein konkretes Beispiel: Um einen guten Ruheraum zu gestalten, solle man den Kindern Legosteine geben, damit diese solch einen Raum nach Ihren Vorstellungen bauen. So kämen auch die stilleren, introvertierteren Schüler zum Zug. Wichtig ist ihm, dass das außerschulische Angebot nicht grundsätzlich in der Schule stattfinden muss – und ganz generell findet er: „Man muss einfach anfangen.“ Gute Beispiele machten dann Schule. Hermann Maier schlug noch den Bogen zum nicht-rhythmisierten Ganztag: „Wenn die Beteiligten gut kooperieren, kann auch an einer Halbtagsschule inklusive Nachmittagsbetreuung das Angebot gut sein.“ Auch für diese liefert der Qualitätsrahmen Anregungen. Im weiteren Verlauf der Diskussion wurde die wichtige Funktion der Schulleiterinnen und Schulleiter genauso deutlich wie die Bedeutung der stetigen Weiterentwicklung. Deshalb lobten die Podiumsteilnehmer auch die Idee eines Entwicklungsbeirats für die Ganztagsschulen. „Den Ganztag muss man als Prozess sehen, und das ist kein Gegensatz zu Verlässlichkeit“, sagte Staatssekretär Volker Schebesta. „Die Weiterentwicklung der Schule ist entscheidend.“

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