Junge Forscher aus dem Südwesten sind die besten Deutschlands! Das gilt jedenfalls für den Bundeswettbewerb Jugend forscht. Denn dort waren die Baden-Württemberger am erfolgreichsten, wie Marianne Rädle von Jugend forscht Baden-Württemberg mitteilt. Bundessiege, Sonderpreise und auch der Preis des Bundespräsidenten gingen an junge Frauen und Männer aus unserem Bundesland. Besonders erfreulich: Alle für das Bundesfinale qualifizierten Gruppen aus dem Südwesten haben laut Rädle eine Auszeichnung in Chemnitz erhalten.
„Das sind beeindruckende Leistungen der Schülerinnen und Schüler – und als Baden-Württembergerin freue ich mich besonders über die tollen Ideen aus unserem Land. Herzlichen Glückwunsch zu den Preisen“, sagt Kultusministerin Dr. Susanne Eisenmann und ergänzt: „Jugend forscht ist ein toller Wettbewerb, der uns auch gerade auch für die MINT-Fächer guttut. Vielen Dank an alle Helfer, die zum Gelingen von Jugend forscht beitragen.“
Wir haben den Preisträgern aus Baden-Württemberg Fragen gestellt und deren jeweilige Antworten in Protokollen
zusammengetragen. Klicken Sie sich rein in die Statements unserer Käpseles.
Dank Langeweile zur Innovation. So lässt sich das Projekt der Schüler Jakob Rehberger (17, links) und Jonas Münz (16) zusammenfassen. Bei einem Praktikum musste Jonas Münz nämlich Knochenimplantatsschrauben von Hand entgraten – und das ödete ihn dermaßen an, dass er begann, über ein automatisiertes Verfahren nachzudenken. Bei seiner Recherche stieß er auf das Ultraschallentgraten, mit dem Aluminium und Kunststoffe entgratet werden können.
Damit war der Forschergeist geweckt. Gemeinsam mit Jakob Rehberger machte er sich an die Arbeit und so fanden die beiden nach
zahlreichen Versuchen heraus, dass „nicht Kavitationsblasen den stärksten Effekt haben, sondern Oberflächenwellen“.
Damit konnten die Schüler der Laupheimer Kilian-von-Steiner-Schule auch innenliegende Grate sauber und präzise
abreinigen. Mittels Berechnungen waren sie dann im Stande, das Verfahren auf jedes weitere Bauteil und jeden weiteren Werkstoff zu
übertragen. Bei einer mit ihrem Verfahren bearbeiteten Knochenimplantatsschraube seien nicht einmal Verunreinigungen in den
Kristallgitterzwischenräumen nachzuweisen, erklären die Jungforscher stolz. Die bearbeiteten Knochenschrauben macht das grat- und
keimfrei.
Ihr Projekt, das betonen sie, sei wiederum nicht möglich gewesen ohne die Unterstützung des Schülerforschungszentrums Südwürttemberg in Ulm und die Firma Ulrich medical GmbH & Co. Für ihre Arbeit konnten die beiden ebenfalls auf viele theoretische Grundlagen zurückgreifen, die sie im Unterricht auf dem Naturwissenschaftlich-Technischen beziehungsweise Technischen Gymnasium gelernt haben. Ihr Lohn ist der „Preis des Bundespräsidenten für eine außergewöhnliche Arbeit“ mit einem Preisgeld von 3.000 Euro.
Tobias (19, links) und Leon (17) Stadelmann mussten erst scheitern, um zu gewinnen. Die Brüder von der Universität Heidelberg beziehungsweise vom Marta-Schanzenbach-Gymnasium in Gengenbach hatten ursprünglich im Unterricht eine Projektidee zur molekularen Wasserstoffspeicherung mittels neuer Biokatalysatoren entwickelt. Die Ergebnisse der anfänglichen Versuche sowie der Austausch mit Experten führten allerdings zu der Erkenntnis, dass der ursprüngliche Ansatz nicht umsetzbar war.
Daher entschieden sich die beiden, den Biokatalysator auf neue Anwendungsbereiche zu übertragen und wählten schließlich einen therapeutischen Ansatz. Denn mittels neuer Biokatalysatoren auf DNA-Basis, auch DNAzyme genannt, wollen sie rheumatoide Arthritis verlangsamen. Dabei werden die DNAzyme mit der Regulierung des Proteins PAD4 verknüpft, das bei der Entstehung dieser Krankheit vermehrt gebildet wird, und stark damit assoziiert. Die Stadelmann-Brüder wollen nun weiter forschen und ihre Erkenntnisse in einem wissenschaftlichen Journal publizieren. Auf lange Sicht streben sie eine universitäre Kooperation an, um unter anderem den Prozess der Verabreichung der DNAzyme zu optimieren.
Das Interesse an diesem Forschungsprojekt hat ein engagierter Lehrer geweckt, wie die beiden berichten. Und im Schülerforschungszentrum Xenoplex in Gengenbach konnten sie im Life-Sciences-Labor ihre Idee verwirklichen. Der Dank der Brüder gilt darüber hinaus den ehrenamtlichen Betreuern, Stiftungen und der Wirtschaft, wie die Bundessieger „Biologie“ schreiben, die sich über ein Preisgeld in Höhe von 2.500 Euro freuen können.
Spaß im NWT-Unterricht an der Schule hat die 18-jährigen Felix Sewing (links) und Alex Korocencev vom Hochrhein-Gymnasium in Waldshut zum Forschen daheim animiert. Zudem hat die beiden Elon Musk inspiriert, der mit seiner Vision vom sogenannten Hyperloop junge Menschen dazu motivieren will, an Magnetschwebetechnologien zu forschen, wie sie erzählen. Der dritte Faszinationsfaktor war das Hoverboard aus dem Film "Zurück in die Zukunft 2".
Aus dieser Faszination heraus haben die beiden ein Gefährt entwickelt, das über dem Boden schwebt, weil vier rotierenden Scheiben in dem Board auf einer darunterliegenden Metallplatte ein kräftiges, abstoßendes Magnetfeld erzeugen. Sewing und Korocencev haben ihre neue Magnetanordnung auch sogleich zum Patent beantragt. Die neue Anordnung der Magnete bringt laut den Jungforschern viele Vorteile, wie mehr Sicherheit bei der Benutzung, dünnere Wände oder eine leichtere Bauweise, und kann auch zu Hause mit günstigen 3D-Druckern nachgebaut werden. In ihrer Vorstellung soll die Technologie die Kosten von Magnetschwebebahnen zukünftig senken. Die beiden vertiefen nun ihrer Kenntnisse, feilen weiter an ihrer Erfindung und grübeln auch über weitere Anwendungsbereiche für die neuartige Magnetanordnung nach. Als Beispiele nennen sie Elektromotoren oder Aufzugstechnik.
Das Grundlagenwissen für ihre Arbeit haben sich die 18-Jährigen im NWT-Unterricht erarbeitet, die Schule hat ihnen einen
3D-Drucker ausgeliehen, und der Physiklehrer half als Projektbetreuer. Weil die Schülerforschungszentren zu weit entfernt sind,
erhielten sie Unterstützung vom Sponsorenpool von Jugend forscht BW, der Universität Basel sowie diversen lokalen Firmen. Der
„Bundespreis des Vereins Deutscher Ingenieure“ (2.500 Euro) ist der verdiente Lohn. Doch damit nicht genug: Die Deutsche
Forschungsgemeinschaft (DFG) hat die beiden zudem mit dem Europa-Preis gekürt. Neben 1.000 Euro gab es die Einladung
zum European Union Contest for Young Scientists (EUCYS) im September in Sofia.
Ein Weihnachtsgeschenk hat dem 16-jährigen Tobias Neidhart vom Ellenrieder-Gymnasium in Konstanz keine Ruhe mehr gelassen. Denn ihm war schnell klar, wie er schreibt, dass es an dem 3D-Drucker einiges zu verbessern gab. Der Schüler wollte zum Beispiel farbige Objekte herstellen. Das ist für 3D-Drucker aktuell noch schwierig, aber sein Forschergeist war geweckt. Mittels der von ihm so getauften EMTEX-Technologie – das steht für eine verschleißfreie elektromagnetische Wechselvorrichtung – kann der Jungforscher seine Ideen für farbige Objekte nun umsetzen.
Bei seiner Erfindung wird durch einen automatischen und programmgesteuerten Wechselmechanismus der Einsatz verschiedener Druckdüsen sowie anderer Werkzeuge wie Fräsen oder Plotter an einem Objekt quasi parallel möglich. Als nächstes möchte Neidhart nun die Variabilität während des Druckprozesses durch neue Druckköpfe erhöhen und den Automatisierungsgrad durch Integration eines Greifarms im automatischen Fertigungsprozess verbessern.
Entwickelt hat der Jungforscher sein Gerät zu Hause, auch weil kein Schülerforschungszentrum in der Nähe ist. Die Schule half ihm vor allem bei der Vorbereitung auf den Wettbewerb. Das hat sich gelohnt, der zweite Platz in Technik und damit 2.000 Euro sowie der „Sonderpreis Technik“ (1.500 Euro) gehen an den jungen Mann aus Konstanz.
Antonia Münchenbach vom Freiburger St. Ursula Gymnasium wollte vor zwei Jahren Feinstaub fernab des Straßenverkehrs suchen. Damals hat die heute 17-Jährige Hinweise auf Feinstaub – zum Beispiel aufgrund von Kreide – in Klassenzimmern gefunden und dies in ihrem Projekt nun näher untersucht. Ein innovatives Messnetz kann die Verteilung dieser Mikropartikel in der Raumluft visuell darstellen, und eine von ihr entwickelte Box fungiert wie eine Art Feuermelder für Feinstaub in Innenräumen und an Arbeitsplätzen.
Sie hat mit ihrem Projekt laut eigener Aussage das Gesundheitsrisiko durch die Schulluft aufzeigen können und wünscht sich nun, dass ihre Forschungsergebnisse ein Anstoß dafür sind, die Luftqualität in Klassenzimmern nachhaltig zu überwachen. Als Vorschlag nennt sie ein Warnsystem für erhöhte CO2- und Feinstaubwerte in Innenräumen. Mit ihrer Idee hat sie bereits verschiedene Institutionen angeschrieben und wartet nun auf Rückmeldung.
Hilfe hat Münchenbach bei ihrem Projekt von ihrer Schule erfahren, die ihr ein Klassenzimmer für die Forschung zur Verfügung gestellt hat, und vom Schülerforschungszentrum aluMINTzium in Emmendingen. Dieses hat ihr die Förderung durch MikroMakro-MINT vermittelt und sie mit Materialien sowie Diskussionspartnern versorgt. Außerdem konnte sie durch die Zusammenarbeit die für ihre Forschung benötigten Boxen zusammen mit anderen Jugendlichen in einem von ihr geleiteten Kurs bauen. Neben Platz fünf im Bundeswettbewerb holte sie sich den mit 1.500 Euro dotierten „Sonderpreis für eine Arbeit auf dem Gebiet der Umwelttechnik“.
Das Wohlbefinden der Menschheit hat Franziska von Wulffen (18) und Robin Schönegg (17) zu ihrer preisgekrönten Forschung animiert. Die beiden Schüler vom Gymnasium Überlingen bezie-hungsweise vom Bildungszentrum Nord in Reutlingen wollen den Zugang zu sauberem Trinkwasser sicherstellen, zumal immer mehr Problemstoffe Wasser verunreinigen. Als Beispiele nennen die Forscher Östrogene, Medikamentenrückstände und Krankheitserreger. Zudem wollen sie Überzeugungsarbeit für die Nanotechnologie leisten, die ihrer Meinung nach viel bewirken kann, aber auch in wissenschaftlichen Kreisen noch zu wenig anerkannt ist.
Denn mittels ihrer Kombination von Nanochemie und Elektromagnetismus setzen sie laut eigener Aussage dort an, wo die herkömmlichen Filtersysteme zur Wasserreinigung an ihre Grenzen stoßen. Und ihre Technologie entferne die Gefahrstoffe wirksam aus dem Trinkwasser. Bereits vor drei Jahren haben sie von den enormen Bindungskapazitäten von nanobeschichteten Oberflächen gelesen und nun haben sie sich selbst als Nanotechnologen versucht. Mit Erfolg. Ihre Ergebnisse wollen sie im Rahmen einer wissenschaftlichen Publikation veröffentlichen, ihr Projekt zur Wasseraufbereitung in einer Modellanlage verwirklichen.
Auf der Basis einer breiten und umfassenden Allgemeinbildung dank der Schule haben sie ihr Spezialinteresse mit Hilfe des Schülerforschungszentrums Südwürttemberg in Bad Saulgau vertiefen und praktisch anwenden sowie ihr MINT-Profil schärfen können. Sie haben verdienterweise den „Sonderpreis für eine Arbeit auf dem Gebiet der chemischen Nanotechnologie“ und damit 1.000 Euro erhalten.
Die Schönheit hat es Josua Kugler (16, Mitte), Lucca Kümmerle (17, links) und Robin Ebert (16, rechts) vom Hartmanni-Gymnasium in Eppingen beziehungsweise der Wilhelm-Maybach-Schule in Heilbronn angetan. Das Faszinierende an ihrem preisgekrönten mathematischen Beweis sei die mathematische Schönheit, die dahintersteckt, schreibt das Trio und ergänzt, dass Schönheit ja bekanntlich keinen praktischen Nutzen haben müsse.
Dennoch arbeiten sie nun an einer Verschlüsselung, die auf ihrem theoretischen Projekt basiert. Dieses entstand in der Mathe-AG, als Beweisverfahren in Zusammenhang mit dem Knobelspiel die Türme von Hanoi. Das Spiel war als klassisches Beispiel für vollständige Induktion Unterrichtsthema. Sie vereinfachten einen bereits existierenden Beweis und entwickelten dazu eine App. Diese kann, wenn man die Anzahl der Scheiben und Felder im Spiel angibt, ein Ergebnis für die Knobelei liefern.
Ihre Ergebnisse wollen die drei nun publizieren. Bis es soweit ist, möchten sie aber noch weitere Fragen beantworten und nach Möglichkeiten suchen, ihren Algorithmus zur Verschlüsselung von Daten zu verbessern. Die Schule hat den Jungforschern nicht nur mit der Mathe-AG geholfen, schreiben die drei Träger des „Sonderpreises für eine außergewöhnliche mathematische Arbeit“ (1.000 Euro).
Die 16-jährigen Rickmer Krinitz (Mitte), Daniel Mynko (rechts) und Frieder Büchner (links) haben quasi die Erde verlassen. Zumindest haben die Schüler vom Hans-Thoma- beziehungsweise Hebel-Gymnasium in Lörrach bei ihrer Forschung festgestellt, dass Ionenwind auf anderen Planeten tatsächlich ein sinnvoller Antrieb sein könnte. Ionenwind ist laut den Jungforschern ein Effekt, der an geladenen Spitzen auftritt und als Antrieb für Luftfahrzeuge diskutiert wird, da er keine Abgase oder Lärm erzeugt und sehr effizient ist.
Das Trio habe nun erstmals den Einfluss von anderen Gasen auf diesen Effekt untersucht. Im Rahmen einer mündlichen Prüfung waren die drei am Tag der offenen Tür der Universität Freiburg und haben dort das Phänomen des Ionenwinds für sich als Thema entdeckt. Sie werden nun weitere Versuche durchführen und möchten ihre Arbeit in einem Journal für junge Forscherinnen und Forscher veröffentlichen.
Das Schülerforschungszentrum phænovum in Lörrach hat Krinitz, Mynko und Büchner vielseitig unterstützt – sei es in puncto Materialien und Räumlichkeiten oder in Sachen Feedback und Tipps. Die Schulen halfen vor allem durch das Ausleihen von Geräten. Ein Aufwand mit tollem Ertrag: Der „Sonderpreis für eine Arbeite auf dem Gebiet der Luft- und Raumfahrt“, dotiert mit 1.000 Euro, geht nach Lörrach.
Weitere Informationen:
Beim Bundesfinale „Jugend forscht 2019“ wurden mehr als 110 Projekte von 190 Schülerinnen und Schülern
präsentiert. Die Teilnehmer hatten sich davor bei den Regional- und Landeswettbewerben für die Bundesebene qualifiziert.
Nachwuchsforscher im Alter von 15 bis 21 Jahren konkurrieren dabei mit ihren Forschungen. In den sieben Fachgebieten Arbeitswelt, Biologie,
Chemie, Geo- und Raum-wissenschaften, Mathematik/Informatik, Physik und Technik können Einzel- oder Gruppenarbeiten von Teams mit
maximal drei Mitgliedern eingereicht werden.