Demokratie war noch nie ein Selbstläufer. Demokratie erfordert, dass Standpunkte, gesellschaftliche Normen und ein freies und
gerechtes Zusammenleben immer wieder aufs Neue ausgehandelt werden. „Entwicklungen wie das europaweite Erstarken populistischer
Kräfte, die Globalisierung und Migration, die Digitalisierung sowie der Klimawandel fordern unsere Demokratie heraus. Statt einfacher
Parolen brauchen wir differenzierte Antworten“, sagt Kultusministerin Dr. Susanne Eisenmann. Sie betont: „Der Demokratiebildung
an unseren Schulen kommt deshalb eine bedeutende Rolle zu. Es ist unsere Verantwortung, überzeugte und aktive junge Demokraten zu
fördern.“
Um die Schulen, die Lehrerinnen und Lehrer bei dieser wichtigen Aufgabe zu unterstützen, hat das Kultusministerium einen Leitfaden
Demokratiebildung entwickelt, der vom neuen Schuljahr an verbindlich in allen öffentlichen und privaten allgemein bildenden und
beruflichen Schulen zum Einsatz kommt. Auf dem heutigen Fachtag „Demokratiebildung“ im Haus der Wirtschaft Stuttgart stellt das
Kultusministerium den Leitfaden als zentrales Element der Konzeption zur Stärkung der Demokratiebildung vor. Der Fachtag soll
Lehrkräften Anregungen für die Umsetzung des Leitfadens in Schule und Unterricht geben sowie einen fachlichen Austausch über
das Thema Demokratiebildung ermöglichen.
Konzept zur Stärkung der Demokratiebildung
Der Leitfaden bietet ein übergreifendes Konzept zur Stärkung der Demokratiebildung in Schule und Unterricht, an dem sich
Schulen und Lehrkräfte unabhängig von ihrer Schulart und den Unterrichtsfächern orientieren können. „Jede
Generation muss erneut von der Demokratie überzeugt werden. Das ist eine immens wichtige Aufgabe. Unsere Lehrerinnen und Lehrer
leisten jeden Tag einen wichtigen Beitrag, um junge Menschen zur Demokratie „anzustiften“. Mit dem Leitfaden wollen wir sie
dabei unterstützen und ihnen eine verlässliche Orientierung für die Demokratiebildung bieten“, so Eisenmann. Begleitet
wird die Einführung des Leitfadens von einem passenden Fortbildungsangebot, einem erläuternden, kurzen Erklär-Video sowie
der sukzessiven Bereitstellung von Praxismaterialien, die die Umsetzung des Leitfadens im Unterricht erleichtern sollen.
Entwickelt haben den Leitfaden Fachleute aus dem Kultusministerium, der Landeszentrale für politische Bildung (LpB) , dem Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung
(ZSL) und dem Institut für Bildungsanalysen Baden-Württemberg (IBBW) . Wissenschaftlich
beraten wurde die Gruppe von renommierten Politikdidaktikern und Politikwissenschaftlern, darunter Monika Oberle (Universität
Göttingen), Ulrich Eith (Studienhaus Wiesneck), Oscar W. Gabriel (Universität Stuttgart) und Hans-Werner Kuhn (ehemals
Pädagogische Hochschule Freiburg).
Langjährige Forderung des Landesschülerbeirats
Der Landesschülerbeirat hat
schon bei der letzten, groß angelegten Bildungsplanreform im Jahre 2016 gefordert, der Demokratiebildung einen größeren
Stellenwert einzuräumen. Diese Forderung hat allerdings kein Gehör gefunden. „Die Entwicklung des Leitfadens ist nicht
zuletzt auch ein Verdienst der Schülerinnen und Schüler, deren wichtiges Anliegen wir nun aufgegriffen haben. Angesichts der
schon seit vielen Jahren breit stattfindenden Diskussion um die politische Bildung und mögliche Defizite war dies
überfällig“, so Eisenmann. Auch ein Vorhaben der grün-schwarzen Koalition werde damit umgesetzt, das laut
Koalitionsvertrag vorsehe, die politische Bildung der Jugendlichen im Land zu stärken.
Der Leitfaden folgt einem ganzheitlichen Verständnis und betrachtet Demokratiebildung als Aufgabe aller Beteiligter und aller
Fächer in der Schule. Er ergänzt und vertieft die geltenden Bildungspläne, die zahlreiche Elemente der Demokratiebildung
enthalten. Der Leitfaden stellt kompakt dar, welche Bedeutung die Verfassungsprinzipien im Grundgesetz für ein freies und gerechtes
Zusammenleben haben, welche Beteiligungschancen die Demokratie für die Mitgestaltung von Gesellschaft und Politik einräumt und in
welchem Zusammenhang demokratische Grundrechte mit einem selbstbestimmten Leben stehen.
Demokratiebildung findet nicht nur an der Schule statt
Das Fach Gemeinschaftskunde spielt bei der Demokratieerziehung eine maßgebliche Rolle. Aber auch in anderen Fächern lassen
sich demokratische Werte, politische Parteien, das Staatswesen und das Zusammenleben in einer pluralistischen Gesellschaft behandeln.
„Demokratiebildung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die nicht nur an den Schulen stattfindet. Insbesondere die zahlreichen
Gedenkstätten in unserem Land sind dabei zentral, da eine lebendige Erinnerungskultur auch einen Beitrag für die
Demokratiebildung leistet“, so Ministerin Eisenmann. Der Leitfaden nehme daher explizit auch Lernorte außerhalb der Schule in
den Blick. Schülerinnen und Schüler hätten beim Besuch von Parlamenten, Gedenkstätten sowie bei Gesprächen mit
Abgeordneten oder Richtern die Möglichkeit, das Innenleben einer Demokratie aus nächster Nähe kennenzulernen.
Bürgerbeteiligung
Dem Kultusministerium war die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Entwicklung des Leitfadens wichtig. Vom 13. März bis zum
3. April 2019 konnten alle Interessierten die Anhörungsfassung einsehen und eine Stellungnahme abgeben. Darüber hinaus wurden
rund 70 Anhörungspartner aus Wissenschaft, Wirtschaft, Gesellschaft, Kirche, Politik und Landesverwaltung aktiv in das
Anhörungsverfahren einbezogen. Alle Rückmeldungen wurden aufgenommen und nach fachlicher Bewertung dem Redaktionsteam mit
entsprechenden Hinweisen zur Weiterarbeit zur Verfügung gestellt. Weitere Informationen finden Sie unter der Rubrik
Fortbildungen und Unterrichtsmaterialien
Der Leitfaden enthält vielfältige Anregungen und Impulse für die Umsetzung von Demokratiebildung in verschiedenen Fächern und in der Schulkultur. Diese Hinweise werden vom kommenden Schuljahr an sukzessive um weitere Unterrichtsmaterialien für die schulische Praxis ergänzt. Alle Unterstützungsangebote werden auf dem Fachportal Demokratiebildung gebündelt und bereitgestellt. Das begleitende Fortbildungs- und Beratungskonzept verfolgt das Ziel, Schulleitungen und Lehrkräfte der verschiedenen Schularten zu befähigen, den Leitfaden Demokratiebildung an Schulen bzw. im Unterricht umzusetzen.